Kindliche Entwicklung: Sensorische Wahrnehmung spielerisch stärken

Einen Purzelbaum schlagen, Sand durch die Hand rieseln lassen, einen Schneeengel machen, sich im Kreis drehen, in eine Schüssel mit Reis greifen - so viele Dinge, die unsere Kinder tun, sehen danach aus, als ginge es einzig und allein darum, Spaß zu haben.

In Wirklichkeit geht es um viel mehr. Das Kind erkundet aktiv und mit allen Sinnen seine Welt. Das ist enorm wichtig für seine Entwicklung. Sinnesspiele helfen Kindern dabei, Gleichgewicht, Koordination, Kommunikation und soziale Fähigkeiten auszubilden. Wir Eltern können das mit den richtigen Anregungen und Spielzeugen aktiv unterstützen.

Warum ist sensorisches Spiel wichtig?

Unsere Welt ist voller Reize und Sinneseindrücke: Helle Lichter, hupende Autos, flüsternde Menschen, nasser Schnee, kühler Wind. Durch das Spielen mit den Sinnen, das sogenannte sensorische Spiel, beginnen Kinder einen Prozess der sensorischen Integration. Sie lernen, Sinneseindrücke zu verarbeiten, zu ordnen, zu filtern und angemessen auf sie zu reagieren.

Darüber hinaus lernen sie, sich besser auf etwas zu konzentrieren und stärken ihre Problemlösefähigkeiten. In der Regel suchen sich Kinder im freien Spiel die richtige Menge an Sinneseindrücken aus, die sie brauchen, um zu lernen, ohne sich zu überfordern. Eltern können das passende Equipment bereitstellen und auf diese Weise die Kinder unterstützen und darauf achten, dass das Kind in seiner Umgebung Spielzeuge findet, die die unterschiedlichen Sinne ansprechen.

Durch Hören, Fühlen, Riechen, Sehen und Schmecken bauen Kinder neuronale Verbindungen auf, die für ihre kognitive Entwicklung entscheidend sind. Die Forschung zeigt, dass der Aufenthalt in einer sinnesreichen Umgebung die kognitive Entwicklung positiv beeinflusst.

Lernen mit allen Sinnen

Eine durchdachte Gestaltung des Spielbereichs mit unterschiedlichen Farben, Texturen und Klängen kann dabei helfen, alle Sinne des Kindes anzusprechen und zu entwickeln. Mit den richtigen Spielzeugen können verschiedene Bereiche gezielt angesprochen werden. Weiterhin kann das Spielzeug die Interaktion zwischen Eltern und Kind fördern und in ein gemeinschaftliches Spiel verwickeln, das dabei hilft, die Gehirnarchitektur des Kindes zu formen und soziale, emotionale und kommunikative Fähigkeiten zu stärken.

Taktile Wahrnehmung (fühlen)

Fühlbücher, Knete, Kuscheltiere und Spielzeuge aus unterschiedlichen Materialien sprechen den Tastsinn der Kinder an und laden zum kreativen Spiel ein.

Visuelle Wahrnehmung (sehen)

Der Spielbereich kann schon ab dem Babyalter visuell anregend gestaltet werden. Krabbeldecken mit verschiedenen Mustern, buntes Holzspielzeug, ein Spiegel - derartige Spielzeuge regen den Sehsinn an. Krabbeldecken dienen dabei auch als weiche und gepolsterte Unterlage, die den Komfort und die Sicherheit des Kindes beim Krabbeln, Spielen und Entdecken auf dem Boden fördert.

Auditive Wahrnehmung (hören)

Schon das einfache Hören von Musik kann sich für die Entwicklung des Kindes auszahlen. Überdies kann die auditive Wahrnehmung mit einfachen Klanginstrumenten wie Rasseln, Klangstäben, Triangel oder Trommel gestärkt werden. Später können Instrumente wie das Xylophon den Gehörsinn fördern.

Gleichgewicht und Körperwahrnehmung

Spielzeuge wie Schaukeln, Rutschen und Klettergerüste fördern die vestibuläre und propriozeptive Wahrnehmung. Für das Kinderzimmer eignen sich ein Balance-Board oder ein kleines Trampolin.

Förderung der Feinmotorik

Für Babys geht es erst einmal um gezieltes Greifen. Für ältere Kinder darf eine Ecke mit Stiften, Schere, Papier und Fingerfarben nicht fehlen. Basteln und Malen trainiert die Feinmotorik und ist eine großartige Beschäftigung.

Sensorisches "Spielzeug" aus dem Alltag

Damit das Kind seine Wahrnehmung bestmöglich ausbilden kann, sind sensorische Spielzeuge eine tolle Möglichkeit. Das größte Potenzial für die sensorische Entwicklung liegt jedoch im Alltäglichen. Im Sommer kann das Kind barfuß im Garten, auf dem Spielplatz oder am Strand laufen. Im Winter werden Schneeflocken mit der Zunge gefangen. Papier kann man zerreißen oder mit Folie knistern. Beim Baden darf ausgiebig geplanscht werden. Die Kochtöpfe werden zum Schlagzeug und als Erwachsener meint man gar nicht, wie viel Spaß es machen kann, getrocknete Linsen oder trockene Nudeln von einem Gefäß in ein anderes zu füllen. Ohnehin ist gerade die Küche ein nahezu unerschöpflicher Quell für sensorisches "Spielzeug". Der Geschmackssinn kann am besten durch ein breites Angebot unterschiedlicher Nahrungsmittel erforscht werden. Wer es zudem mit den Benimmregeln am Tisch nicht zu genau nimmt, gibt seinem Kind die großartige Möglichkeit, sein Essen auch mit dem Tastsinn im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen oder zunächst daran zu riechen, um auch den Geruchssinn zu nutzen.

Schneeengel-BildBildquelle: Fredde Backmann via pixabay

Man kann auch ganz einfach ein Sensorik-Tablet für verschiedene Sinneseindrücke selbst zusammenstellen. Dafür braucht es lediglich ein paar Schüsseln, die mit verschiedenen Dingen wie Wasser, Reis, getrockneten Blättern, Steinen, Watte, Sand, Knisterfolie oder Ähnlichem gefüllt werden. Das Kind kann nach Belieben mit den Materialien experimentieren. Natürlich sollte gerade bei jüngeren Kindern immer ein Erwachsener dabei sein, damit das Kind keine kleinen Gegenstände in den Mund nimmt.

Spielzeit optimal nutzen

Es gibt keine feste Zeitspanne, in der das Kind mit sensorischen Spielen beschäftigt sein sollte. Aber es ist gut zu wissen, dass es im Alltag und bei Aktivitäten viele Möglichkeiten für Sinnesspiele gibt. Zu guter Letzt haben wir noch ein paar Tipps, wie man die Spielzeit bestmöglich nutzen kann.

Kreativ werden: Eltern können mit gutem Beispiel vorangehen und immer wieder nach neuen Möglichkeiten suchen, weitere Sinne in ein Spiel einzubeziehen. Wer ein Buch vorliest, kann es durch das Nachahmen von den Lauten der vorkommenden Tiere lebendiger werden lassen. Im Freien kann man das Kind ermutigen, Stöcke und Steine zu sammeln und zu beschreiben, wie sich diese Dinge anfühlen.

Vorlesen ist etwas ganz Wunderbares für die Kleinen. Bildquelle: Dassel via pixabay

Nicht übertreiben: Eine Umgebung, die das sensorische Spiel fördert, ist eine gute Idee. Man sollte es jedoch nicht übertreiben, damit das Kind nicht überreizt wird. Zu viel buntes Spielzeug mit zu vielen blinkenden Lichtern und Funktionen kann kontraproduktiv sein.

Motivation aufrecht halten: Lieber sollte man es langsam angehen lassen und versuchen, es einfach zu halten. Letztendlich geht es darum, die Kinder zu fördern, indem die Motivation und die natürliche Begeisterung aufrechterhalten bleiben. Dies gelingt am besten, indem nicht alles permanent zur Verfügung steht. Für Abwechslung kann gesorgt werden, indem Spielzeuge unterschiedlich genutzt oder immer einmal wieder weggeräumt und in Abständen hervorgeholt werden.

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